Es mutet schon ein wenig verwegen an – da verabreden sich Deutschlands Leuchttürme des Automobilbaus, um offenbar ein für alle Mal abschließend zu klären, wer die Premium-Kompaktklasse beherrscht: mehr oder weniger zeitgleich schicken BMW, Audi und Mercedes ihre Interpretationen automobiler Vernunft ins Rennen um die Käufergunst. Nach dem neuen BMW 1er konnten wir nun dem neuen Audi A3 mächtig behutsam das Gaspedal streicheln.
Nach harter Landung unseres geselligen Partyfluges EZE2123 in Palma de Mallorca und dem obligatorischen Organisieren spanischer Peseten in der örtlichen Wechselstube kurz vor der wohlverdienten Siesta gegen 11 Uhr morgens ging es erstmals ins angenehm und wohltemperierte Cockpit des neuen Audi A3. Bereits zuvor wurde Audi nicht müde zu betonen, dass die Oberklasse ins zwei Stockwerke tiefer situierte Kompaktklasse-Segment Einzug gehalten habe. Und tatsächlich: die im neuen Audi A3 verbauten Materialien samt Verarbeitung setzen Maßstäbe in dieser Fahrzeugklasse – zumindest ab dem Ausstattungspaket „Ambition“. Wohin man auch schaut und sosehr man lüstern nach Fehlern oder Ausreißern nach unten sucht: man wird kaum fündig.
Das leicht zum Fahrer ausgerichtete Cockpit macht optisch und haptisch richtig Spaß. Ein einfach abzulesendes Tachoelement, der nunmehr wirklich nur noch iPhone-flache (11 Millimeter!) MMI-Monitor oder die neuen Lüftungsdüsen lassen leicht positiv überrascht inne halten. Insbesondere das optional erhältliche, unten abgeflachte S-Line-Sportlenkrad und fein verarbeitete Zierstreifen lassen zusammenfassen: das ist echtes Oberklasse-Feeling. Und das Beste ist: das neue A3-Cockpit scheint für Kompaktklasse-Verhältnisse großzügig geschnitten. Zumindest im direkten Vergleich zum neuen BMW 1er bietet der A3 mehr Platz – und den linken Ellenbogen schürft man sich erfreulicherweise auch nicht auf.
Von außen betrachtet geht es mit den positiven Eindrücken weiter. Im Vergleich zu den vor der offiziellen Weltpremiere veröffentlichten Fotos – und der oftmals geäußerten Anschuldigung, der A3 habe sich nicht groß verändert – müssen wir festhalten, dass der neue A3 (interner Code „8V“) deutlich mehr hermacht als seine Vorgänger – und als seine Wettbewerber. Eine über die Maßen scharfe Tornadolinie vom vorderen Scheinwerfer bis zur Leuchteinheit hinten verleiht dem A3 eine gehörige Spannung und Dynamik. Die auf Wunsch mit Xenon-LED-Technik (Voll-LED-Scheinwerfer sollen später folgen) erhältlichen Scheinwerfer sind beim Neuen oben noch gerader geworden und insgesamt viel schärfer gezeichnet. Vor allem sie sind es, die, zusammen mit dem Audi-Singleframe, dem neuen Audi A3 zu einem im Prinzip völlig neuen und sehr ansprechenden Auftritt verhelfen.
Wer es sportlicher will, wird mit dem optionalen S-Line-Ausstattungspaket, bzw. -Paketen (S-Line Exterieurpaket und S-Line Sportpaket) seinen perfekten Begleiter finden. Einzig die – über diverse Hersteller hinweg – angesagte Unart, unnütze Fake-Lufteinlässe zu verbauen, wirkt dann doch etwas peinlich. Beim neuen Audi A3 ist es etwa der seitliche „Airintake“ in der S-Line-Frontschürze. Beweis-Foto siehe hier:
Der neue Audi A3 rollt zunächst mit drei Vierzylindern an den Start, die alle von Grund auf neu entwickelt sind. An der Benziner-Front sind fürs erste der 1.4 TFSI mit 122 PS und der 1.8 TFSI mit 180 PS zu haben. Einziger Diesel bleibt zum Start der 2.0 TDI mit 150 PS.
Aber genug des schnöden Betrachtens, der neue Audi A3 (übrigens erster Vertreter des neuen „Modularen Querbaukastens MQB des VW-Konzernes) will schließlich gefahren werden. Im Vergleich zur Vorgängergeneration hat der neue A3 laut Audi-Angaben dank zahlreicher Einzelmaßnahmen insgesamt rund 80 Kilogramm abgespeckt. Unter anderem die großzügige Verwendung formgehärteter Stähle (die zudem für eine höhere Steifigkeit verantwortlich zeichnen), Alu-Kotflügel und leichtere Motorenelemente sorgen dafür, dass beispielsweise der A3 1.4 TFSI lediglich 1.175 Kilogramm auf die Waage bringt. Das ist ein Wort.
Also rein ins schicke Cockpit. Wir entscheiden uns für den 1.8 TFSI mit 180 PS und Frontantrieb, aus Gewichtsgründen also gegen den schwereren quattro-Antrieb. Nach den ersten Kilometern ist klar: auch beim Fahrverhalten kommt eine Idee Oberklasse-Feeling auf: der neue A3 zieht sicher seine Bahnen, seine Dämpfung agiert extrem souverän, anders ist sein Fahrverhalten nicht zu beschrieben. Für sportlich orientierte Autofahrer bedeutet das Gleiten im Stile eines Audi A6 allerdings eine subjektiv wahrgenommene geringere Agilität: trotz eingeschaltetem „Dynamic“-Modus des neuen, optional erhältlichen (im Paket Ambition Serie) Audi-Fahrprogramms „Drive Select“, das fünf verschiedene Fahrmodi (unter anderem auch Comfort und Efficiency) bereit hält, fehlt in der Lenkung etwas mehr Direktheit. Zudem schiebt der Frontkratzer mit seinen 225er-Pellen bei schnellen Kurvenfahrten merklich über die Vorderräder nach außen. Unser ganz persönlicher Beitrag zum Thema Fahrzeuggewicht: dem Testwagen fehlten später ein paar Gramm des schwarzen Goldes im Übergang zwischen Laufbereich und Seitenwand.
Sportlich also vielleicht nicht ganz perfekt, können wir den neuen A3 mit Frontantrieb nach unserer kurzen Fahrt aber durchaus als narrensicher bezeichnen. Selbst bei beherzter Fahrt und böswillig provozierten Lastwechseln gibt sich der Kompakte keine Blöße, bei schnellen Kurven kündigt sich der kritische Grenzbereich frühzeitig an und lässt genug Zeit für eine entsprechende Reaktion.
Einzig der 180 PS starke 1.8 TFSI wirkte bei Temperaturen um 31 Grad im Schatten etwas zugeschnürt. Für 95% aller Autofahrer sicherlich ausreichend motorisiert, hätten wir uns ein direkteres Ansprechen und etwas mehr Spurtstärke gewünscht – erst ab Drehzahlen um 5.000 Umdrehungen machte unser Testwagen mehr Dampf. Hardcore-Sportler sollten deshalb auf die zu erwartende S- oder gar RS-Version warten.
Unser erstes Fazit: der neue Audi A3 setzt die Benchmark in der Kompaktklasse. Fahrdynamisch nicht ganz so stark wie der neue BMW 1er, allerdings etwas komfortabler und optisch deutlich ansprechender brilliert der neue A3 mit Oberklasse-Feeling im Cockpit und bei den Fahrerassistenzsystemen. Wer kann in dieser Klasse schon mit Auffahrunfall-Warner (Audi Pre Sense), Spurchwechselassistent (Audi Side Assist und Audi Active Lane Assist), Verkehrszeichenerkennung, Adaptive Cruise Control und Parkassistent und mit vergleichbaren Materialien und entsprechender Verarbeitung glänzen?
Warten wir ab, was Mercedes mit seiner neuen A-Klasse-Generation auf die Räder gestellt hat.
Der neue Audi A3 ist bereits jetzt konfigurierbar und wird im Sommer zu Preisen ab 22.500 Euro ausgeliefert. Sein Grundpreis mit neuem Einsteiger-Motor, der gegen Jahresende folgen soll, wird dann bei 21.600 Euro liegen.
Update 03.08.2012: nach einigen beherzten Stunden auf mallorquinischen Landstraßen konnten wir den neuen Audi A3 nun auch für ein paar (wenige) Minuten auf einem (sehr) kurzen, und sehr eng abgesteckten Handling-Kurs scheuchen. Hier bestätigte sich unser Ersteindruck: der A3 mit Frontantrieb fährt sich narrensicher und ist bewegt sich auch auf dem Handling-Kurs relativ flott. Wie es sich für einen Fronttriebler jedoch gehört, neigt er zum Untersteuern – was ihm auf dem engen Handling-Parcours etwas einbremst. Pikanterweise hatte Audi im Rahmen der „Audi Experience Days“, auf denen wir zu Gast waren, direkt auf dem Handling-Kurs einen neuen 1er BMW geparkt – vermutlich für im Anschluss stattfindende Audi-Händler-Präsentationen, bei denen der A3 im direkten Wettbewerbsumfeld vorgestellt werden sollte. Unsere Frage, ob wir den 1er nicht auch bewegen dürften, wurde erwartungsgemäß und sehr eindeutig verneint. Ob sich Audi trotz markigen PR-Sprechs („Der neue Audi A3 wird die fahrdynamische Benchmark seiner Klasse setzen“) doch bewusst ist, gegen den heckgetriebenen BMW 1er womöglich den Kürzeren zu ziehen? Man weiß es nicht… Hier kommt jedenfalls das kurze Video dazu:
Autor: Moritz Nolte
[…] haben wir gerade erst unseren Fahrbericht zum neuen Audi A3 1.8 TFSI fertig und *BÄMMM* haut uns Jan Gleitsmann schon ein prächtig produziertes Stück Bewegtbild vom […]