Von allzu ignoranten Zeitgenossen gerne als sogenanntes „Frauenauto“ diffamiert, sieht sich der Mazda MX-5 immer wieder geradezu machohafter Kritik ausgesetzt. Diverse Studien sollen schließlich belegen, dass sich weibliche Kaufmotive erheblich von denen ihrer männlichen Kollegen unterscheiden. Die Damen sollen demnach hauptsächlich auf optische Reize achten, technische Details, gar fahrdynamische Fähigkeiten hingegen unterdurchschnittlich interessant sein.
Klar, hübsch ist er ja, der kleine Japaner: kompakt und als waschechter Roadster trotzdem schick. Gleichzeitig verfügt der MX-5 über einen tiefen Schwerpunkt, einen kurzen Radstand, immerhin 160 PS und über einen aus fahrdynamischen Gesichtspunkten durchaus relevanten Heckantrieb. Richtig gefahren ist der agile Roadster also – um im Jargon zu bleiben – nichts für Weicheier. Das fahrdynamische Potenzial des MX-5-Konzepts auf die Spitze treibt das Concept Car „Yusho“. Und für den braucht es wirklich Cojones.
Tief (wirklich tief) geduckt steht der Mazda MX-5 mit dem vermeintlich unschuldigen Appendix „Yusho“ in der heißen Mittagssonne. Auf anthrazitgraue Felgen im Format 8Jx17 gezogene Semi-Slicks, ein mittig angeordneter Doppelauspuff und seine mattgraue Folierung verheißen nichts Gutes. Zumindest keinen gemütlichen Abstecher zum Picknick ins Grüne, eher schon ein ambitioniertes Sportprogramm für Ausgeschlafene.
Das traditionell wenig geräumige Cockpit des Mazda MX-5 wirkt im Yusho noch standesgemäßer. Ein italienischer Maßanzug ist nichts dagegen. Aber waschechte Sport-Roadster müssen einfach eng sein. Bis auf Details wie etwa die Recaro-Sportsitze, das mit Wildleder bezogene Lenkrad oder andere Fußmatten unterscheidet den Yusho nicht viel vom gewöhnlichen MX-5.
Bevor jedoch noch allzu heimelige Atmosphäre aufkommt, starten wir den Motor. „Potzblitz!“ entfährt es mir – dieser Motorsound hat aber mal so gar nichts mehr mit einem Mazda MX-5 von der Stange gemein.
Langsam rollen wir vom staubigen Parkplatz Richtung Landstraße. Am Horizont flimmert der heiße Asphalt. Aber das ist noch gar nichts im Vergleich dazu, was ihm gleich blüht. Nachdem wir den Motor etwas warm gefahren haben, drücken wir endlich, endlich beherzter auf die Tube.
Und es ist eine helle Freude: der 241 PS-Motor nimmt Gasstöße unvermittelt an und arbeitet sich höchst leichtfüßig durch das Drehzahlband. Dabei ist dieser Sportmotor genau wie der Yusho ein reiner Prototyp: optimiert vom US-MX-5-Spezialisten „Flyin´ Miata“ leistet der Mazda MX-5 Yusho über 80 PS mehr als im stärksten Normalo-MX-5. Die umfassende Leistungssteigerung besorgt ein spezielles Kompressorkit in Verbindung mit einem großen Ladeluftkühler. Zudem wurde der Vierzylindermotor mit einer entsprechend angepassten Motorsteuerung und neuen Einspritzventilen ausgerüstet. Metall-Sportkatalysatoren ersetzen die Serien-Kats, spezielle Cosworth-Kolben und -Pleuel sorgen für eine den höheren Belastungen angepasste Standfestigkeit des Motors.
Zur Leistungskur passt der Sound, der über die in einem Diffusor eingefassten Doppel-Endrohre gefeuert wird. Der Yusho macht keinen Hehl aus seinem ehrenwerten, sportlichen Ansinnen, ist laut und ungehobelt. Die Klangkulisse ist ehrlich und wirkt nie prollig oder allzu aufgesetzt. Dass die individuell entwickelten Endschalldämpfer mittele Klappensteuerung in ihrer Akustik gesteuert werden können – geschenkt.
Der Umgang mit der Sportkupplung erfordert dabei etwas Eingewöhnung. Zunächst wirkt der Umgang mit dem Yusho eher durchschnittlich kompetent. Aber auch das kriegen wir in den Griff. Das Sechsgang-Schaltgetriebe mit spezieller Sportkupplung und den gewohnt knackigen Schaltwegen ist recht kurz übersetzt (auf 4,1 verkürzte Achsübersetzung) und macht den Mazda MX-5 Yusho zum echten Sprinter. Trotzdem bleibt der Roadster mit maximal 240 km/h auch in der Endgeschwindigkeit ausreichend schnell.
Nach ein paar Minuten Einarbeitungszeit (und einem ersten Sonnenbrand auf der Stirn) haben wir genug Vertrauen entwickelt, um uns etwas mehr in Richtung Haftgrenze zu bewegen. Mit jedem Kilometer steigt die Bereitschaft, das Limit unseres Sportwagens zu erkunden – wir erreichen sie jedoch nicht. Zu sehr krallt sich der Yusho mit seinen Toyo Proxes in den Asphalt. Das mechanische Gripniveau ist so dermaßen hoch, dass seine fahrdynamische Stabilität offenbar ausschließlich durch gefährlichen Rollsplit gefährdet werden kann. – Oder durch den besonders mutwilligen Einsatz von Volant und Gaspedal, um den agilen Roadster in den Drift zu zwingen.
Maßgeblich verantwortlich für den hohen Grip ist neben der Sportbereifung ein neues Fahrwerk, das aus Bilstein-Stoßdämpfern, Sportfedern von Eibach und größeren Stabilisatoren besteht. So optimiert, ist der MX-5 Yusho wunderbar straff und lenkt zackig und präzise ein. Bleibt die Frage, warum Mazda dieses Präzisionswerkzeug nicht in einer Kleinserie auf den Markt bringt. Oder zumindest ein Yusho-Clubsport-Kit anbietet. Die Marke könnte ihren gern beschworenen dynamischen Anspruch auf diese Weise mehr als glaubhaft untermauern.