Elegant gleite ich in den schwarzen Ledersitz des orangefarbenen Coupés. Bei schneidigen Coupés der 70er wie dem Audi 100 Coupé S muss der Gesamtauftritt einfach passen. Denke ich zumindest solange, bis ich überrascht viel tiefer, gefühlt einen halben Meter tiefer als ursprünglich gedacht ins Gestühl einsinke. Die Ray-Ban auf halb-acht, war’s das wohl mit dem souveränen Auftritt.
„Selten in solch gemütlichen Polstern gesessen“, denke ich, als ich endlich Haltung angenommen habe. So saß man also vor 40 (!) Jahren in den Autos. Seitenhalt spendeten nicht etwa enge, harte Seitenwangen, sondern einzig und allein die Tiefe des Sitzes. Im wahrsten Wortsinn tauche ich ein in eine längst vergessene Welt, „als Autos noch Charakter hatten“, höre ich ewig gestrige Zeitgenossen seufzen.
Und es fühlt sich gut an. In krassem Gegensatz zueinander stehen die Dicke des Lenkradkranzes zur fehlenden Servo-Unterstützung. Immerhin lässt der riesige Lenkraddurchmesser ein recht großes Lenkmoment für Rangierarbeiten zu. Schon lange keinen Sport mehr gemacht…
Der Blick aufs schlichte Armaturenbrett des 1973 gebauten Audi 100 Coupé S unterstreicht eindruckvoll: hier lenkt nichts vom Fahren ab. Vereinzelte, schmucklose, mechanische Knöpfe und Schieber ersetzen den Infotainment- und Knöpfe-Overkill moderner Autos. Die faszinierende Reise in die Vergangenheit hat aber auch den Nachteil, wieder zur Karte greifen und selbst navigieren zu müssen. Die Generation der sogenannten Digital Natives wäre in diesem Auto sicherlich hoffnungslos verloren, ist mein Gedanke, als ich verstohlen mein iPhone aus der Tasche fingere.
Im Vergleich zur zivilen Audi 100 Limousine verfügt die Fastback-Version über breitere Reifen, eine höhenverstellbare Lenksäule, innenbelüftete Scheibenbremsen vorne und eine hochwertigere Innenausstattung. Ursprünglich mit einer Zweivergaseranlage ausgestattet, erhielt das Audi 100 Coupé S zur Optimierung des Abgasverhaltens ab Herbst 1971 einen Einzelvergaser, was aber der Leistung des Motors kaum Abbruch tat (115 PS vs. 112 PS).
Die 112 PS des 1,9-Liter-Vierzylinders machen aus dem zweitürigen Coupé trotz seines für heutige Maßstäbe geringen Gewichts von 1,1 Tonnen keinen Sportwagen. Dafür sorgt allein schon der wenig sportive Vorderradantrieb und die sehr weiche Federung. Als Cruiser aber ist der Fastback perfekt!
Lässig den Ellenbogen bräunend, genießt der Connaisseur jede von deutlichen Wankbewegungen begleitete Kurve, jeden sekundenlangen Gangwechsel, den Duft jedes unverbrannten Tropfens Benzin.
Wann bin ich jemals so entspannt Auto gefahren? Und das ohne die zahllosen Fahrassistenten, die uns die Industrie heutzutage aufs Auge zu drücken versucht und die uns das Autofahren doch so angenehm machen sollen…
Das schreiben andere coole Blogger/innen zum Audi 100 Coupé S und anderen alten Audis:
Auto-Geil
Rad-Ab
Autophorie
Motoblog
Lisa The Car Addict
Und die Kollegen von Ausfahrt TV haben auch mal wieder ein Video gemacht – und zwar zum Audi Urquattro:
[Fotos: Moritz Nolte, Jan Gleitsmann]
[…] Cruiser unter den Mitgereisten, das Audi 100 S Coupe, welches als der Urgroßvater des Audi A7 verstanden werden kann, erlangte insbesondere bei […]