Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans 2014 war sicherlich eines der spannendsten in der bewegten, über 90 Jahre alten Geschichte des Langstrecken-Klassikers: vorne mit Audi, Toyota und Porsche gleich drei siegfähige Werksteams, diverse Rennfahrerlegenden, den einen oder anderen Ausfall, Wetterkapriolen und natürlich die üblichen Positionskämpfe um die besten Plätze. Porsche, nach 15 Jahren werksseitiger Abwesenheit wieder am Start in Frankreich, geigte ordentlich auf.
Als Wiedereinsteiger direkt gegen die Le Mans-erfahrenen Werke Audi und Toyota antreten? Es gibt sicherlich dankbarere Aufgaben im weltweiten Langstreckensport. Aber Porsche nahm die Herausforderung an – sehr zur Freude der globalen Porsche-Fangemeinde. Der Porsche 919 Hybrid mit Timo Bernhard, Mark Webber und Brendon Hartley verbrachte mehrere Stunden in Führung, als zwei Stunden vor Rennende die Technik des 919 Hybrid streikte. Auch der zweite Porsche, gesteuert von Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb konnte das Rennen nicht beenden. Die Dokumentation „We Are Racers“ von Porsche-Reifenpartner Michelin begleitet das Porsche-Werksteam in Le Mans und zeigt tolle Einblicke hinter die Kulissen.
Während Porsche mit einem Benzin-Hybrid-Konzept an der Sarthe startete, baute Audi auf seine altbewährte Diesel-Technik in Paarung mit Elektroantrieb. Schon nach dem Qualifying zeigte sich, dass sowohl Audi als auch Porsche mit beiden Konzepten auf Top-Niveau fahren. Aber Toyota war schneller. Toyota trat mit einem V8-Hybrid-Renner an und setzte in der Qualifikation die Bestzeit. Mehr als drei Zehntel Sekunden trennen den zweitplatzierten Porsche 919 Hybrid (Dumas, Jani, Lieb) von Startplatz Eins.
Beim Rennen trennte sich die Spreu vom Weizen in der Nacht. Toyota lag als dominierendes Team mit einer knappen Runde Vorsprung zur Halbzeit des Rennens in Führung vor Audi und Porsche. Die 24 Stunden von Le Mans schrieben jedoch in den folgenden Stunden ihre ganz eigene Geschichte.
Karosserie, Bremsen, Motor und Anbauteile sind auf dem Circuit de la Sarthe extremen Belastungen ausgesetzt. Auch die Technik muss halten – was sie beim souverän in Führung liegenden Toyota nicht tat. In den frühen Morgenstunden musste der Renner mit der Nummer sieben an die Box – Elektronikprobleme. Die Mannschaft in der Toyota-Boxversuchte alles, doch es nützte nichts. Die auf Siegkurs liegenden Alexander Wurz, Stéphane Sarrazin und Kazuki Nakajima mussten das Rennen aufgeben. „To finish first, first you have to finish (um zu Siegen, musst Du erst mal das Ziel erreichen)“, fasste Ex-Audi-Pilot und Le Mans-Gewinner Allan McNish noch am Sonnabend vor dem Rennen zusammen. Er sollte recht behalten.
Nun lag der Audi (di Grassi, Kristensen, Gené) an der Spitze des Feldes. Im Nacken folgte der erste Porsche 919 Hybrid mit einer knappen Runde Rückstand. Doch der Rückkehrer aus Zuffenhausen holte kontinuierlich auf – und zog nach einem Reparaturstopp des führenden Audi vorbei. Am Auto von Kristensen musste der Turbolader getauscht werden. Dadurch verlor das bis dahin führende Team vier Runden und fiel auf Rang drei zurück. Audi ließ daraufhin Andre Lotterer im zweiten Audi auf Angriffs-Modus schalten.
Was nun folgte, haben die Fans in Le Mans seit Jahren nicht mehr gesehen. Ein spannendes Duell zwischen Porsche und Audi in den letzten drei verbleibenden Stunden des Rennens. Mit einem Audi, der klar schneller war, aber auch häufiger die Box ansteuern musste. Die Führung wechselte laufend. An den Kommandoständen in der Boxengasse rauchten die Köpfe der Ingenieure: Spritberechnungen, Gewichtsersparnis, Rennstrategie. In der Luft lag ein Hauch von explosiver Spannung. Die Sensation für den Rekordsieger und Rückkehrer Porsche an der Sarthe war zum Greifen nahe: Sieg beim ersten Aufschlag nach 15 Jahren Abstinenz und zwei Jahren Entwicklungsarbeit für den Porsche LMP-1. Doch dann sorgte zwei Stunden vor Schluss noch ein technisches Problem für das knappe Verpassen des Podiums. Audi triumphierte mit einem grandiosen Doppelsieg das 82. 24-Stundenrennen auf dem Circuit de la Sarthe. Andre Lotterer holte sich seinen dritten Gesamtsieg mit den Team-Kollegen Marcel Fässler und Benoit Treluyer. Tom Kristensen, Lucas de Grassi und Marc Gené erreichten Rang zwei, gefolgt vom Toyota V8-Hybrid mit Anthony Davidson, Nicolas Lapierre und Sébstien Buemi.