GM-Chef Dan Akerson hat laut Handelsblatt Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke zugesichert, dass es „derzeit“ weder Gespräche noch Kontakte mit anderen Herstellern über einen Verkauf gebe. Wenn wir uns in Erinnerung rufen, wie oft schon ein dementierendes „derzeit“ zu gravierenden Veränderungen geführt hat, dann lässt auch diesmal GM alles offen. Schon morgen könnte also der GM-Verwaltungsrat zur Überzeugung kommen, Opel bei einem guten Angebot zu verkaufen. Dass ausgerechnet der chinesische Daimler-Partner BAIC Interesse an Opel haben soll, ließ die Analysten aufhorchen. BAIC ist Joint-venture-Partner von Daimler in der BeijingBenz Automotive Ltd. (BBDC). Sollte BAIC Opel kaufen, so wird spekuliert, hätte Daimler über den chinesischen Partner eventuell sogar Zugriff auf Opel Technik.
„Das könnte für die Expansionspläne Daimlers auf dem chinesischen Markt durchaus einmal ein Vorteil sein“, sagt ein Auto-Analyst. Und: „Da die ausländischen Autohersteller nun gesetzlich gezwungen sind, in China eigene Marken zu etablieren, könnte das eine interessante Planungs-Alternative sein.“
Eine Allianz Opels mit europäischen Partnern sei auch im Gespräch gewesen, heisst es in Detroits Automotive-Zirkeln. Dass auch Volkswagen dazu gehört, ist allerdings nur der Zwangsläufigkeit zuzuschreiben, dass VW immer ins Gespräch gebracht wird, wenn eine Marke verkauft oder gekauft werden soll. Insider gehen aber davon aus, dass VW keinerlei Interesse hat: „Warum soll VW in Deutschland eine Marke kaufen, die VW nicht ergänzt, sondern eine Art Problemfall und im Modell-Portfolio ziemlich deckungsgleich aufgestellt ist. Das kann man vergessen“, sagt der Auto Analyst.
BAIC ist der fünftgrößte chinesische Autohersteller. Die Strategie des Staatskonzerns ist eindeutig: Schnell auf Weltniveau zu wachsen, und zwar in Technologie und Qualität. Wenn BAIC Opel kaufen würde, kämen die Chinesen in den Besitz wertvoller Patente. „Denen würde praktisch das ganze Inventar an technischen Innovationen der letzten zehn Jahre auf dem Silbertablett serviert“, sagt unser Analyst. Vor zwei Jahren kaufte BAIC bereits GM Teile von Saab ab, „da könnte man auch bei Opel schnell handelseinig werden“. Die chinesische Regierung unterstützt diese Zukäufe nicht nur finanziell, sondern auch massiv politisch. China will vom billigen Lohnfertigungsland zur ernst genommenen, innovativen Industrienation aufsteigen. Dass dies auch automobil gesehen funktionieren kann, sieht man derzeit an Volvo, das vom „privaten“ Autohersteller Geely für 1,5 Milliarden Dollar von Ford gekauft worden ist und auch als „chinesische“ Marke gut da steht.
Die deutsche Autoindustrie steht in Richtung China nicht nur vor großen Verkaufserfolgen, sondern auch vor großen Herausforderungen. Dass es die Joint-Venture-Partner mit den Markenrechten nicht immer ernst nehmen, konnte man auf der letzten Motorshow in Shanghai sehen. Nicht nur beim BMW-Partner Brilliance standen Fünfer-Kopien auf dem Messe-Stand. Auch Daimler-Partner BAIC scheute sich nicht, eine gnadenlos abgekupferte B-Klasse zu präsentieren.
[Quelle: WebAutoblog.com/Automotive Academy Cambridge]