Fahrbericht Porsche Boxster S

Mit 315PS in einem Mittelmotor-Sportwagen auf den Traditionsreichen Asphaltkurven in den Französischen Seealpen unterwegs. Es sind diese Momente die in keinem sachlichen Fahrbericht enden können.

Porsche Boxster S im ersten Fahrbericht

Kurz nach dem starten des Flat-Six direkt im Rücken des Fahrers ist es bereits vollständig über einen gekommen, das typische Porsche-Gefühl. Der 3,5 Liter Sechszylinder schnauft nach dem anlassen kurz durch, um daraufhin in ein herzhaftes röcheln im Leerlauf zu verfallen. Autofahrer die nicht an jedem Tag über das Vergnügen der Porschefahrt verfügen können, werden durch die im Takt der Boxer-Zündfolge 1–6–2–4–3–5 pulsierenden Nackenhaare enttarnt.

Im neuen Boxster S dürfen nun auch Männer offen zu Ihrer Leidenschaft stehen. Die 3.te Generation des ehedem als Sekretärinnen-Porsche verhöhnten Einsteigermodells der Zuffenhausener, verkörpert bereits von außen durch deutlich maskulinere Formen die Ernsthaftigkeit des gesteigerten Performance-Anspruchs.   Natürlich eignet sich auch das aktuellste Modell der schwäbischen Sportwagenschmiede noch immer vorzüglich um vor der Eisdiele in der zweiten Reihe zu parken.  Doch jetzt erfüllt der ehedem „kleine Porsche“ auch höchste Ansprüche an die Fahrdynamik.

Während unserer ersten Ausfahrt konnten wir das dramatisch gesteigerte Erfüllungsniveau an Längs- und Querdynamischen-Versprechen auf einer geschichtsträchtigen Route, im Geiste der Rallye Monte-Carlo durch die Seealpen, erfahren.

Wer das Vergnügen nicht kennt und zum ersten Mal in einem Porsche mit 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe im ersten/zweiten/dritten Gang ohne Unterbrechung der Dramatik von Kurve zu Kurve springt, wird an seiner bisherigen  automobilen Leidenschaft zweifeln. In der Zukunft wird man bei Benzin-Gesprächen am Stammtisch die Frage nach der Oktanzahl des im Blut enthaltenden Sprits beim Gegenüber fragen und sofort nachsetzen, ob er denn bereits einmal in der Königsklasse der automobilen Fortbewegung das Gefühl der Explosionsartigen Vollzug von Beschleunigungsbefehlen erlebt hat.

Porsche hat per kluger Evolution, aus dem kleinen Boxster, einen ernsthaften Landstraßen-Enthusiasten geformt. Die Schmach von Spiegel-Eier Scheinwerfern scheint endlich vergessen. Die flacher stehende Windschutzscheibe, die in Blech geformte Spannung der Kotflügel, die optional bis zu 20 Zoll großen Räder und der knackige Heckabschluss sprechen bereits im Stand die verständliche Sprache der sportlichen Dramatik.

Dank breiterer Spur, dynamischen Motorlager und dem Porsche-Torque Vectoring-System erfüllt nun auch der Boxster alle Ansprüche die man in Addition der Formensprache und des traditionsreichen Hersteller-Namens im Hinterkopf behält.

Ein gut gemeinter Ratschlag: Legen Sie Ihren Führerschein immer gut sichtbar in die nun nach Porsche 911 und Panamera geformten Mittelkonsole.  Denn das könnte die letzte Hürde im ausleben der im Blut des Sportwagenfan liegenden Dynamik auf öffentlichen Straßen sein und sollte Sie daran erinnern, nicht dem Rausch aus Boxermotor-Dynamik, Doppelkupplungs-Getriebe-Perfektion und weit geöffneter Frischluft-Lust, mit der Porsche-Eigenen Leichtigkeit, die Grenzen der StVzo zu überqueren.

Nach den ersten 200km See-Alpen, einer Erfahrung über die Grenzen der Querdynamik oberhalb von 1.000m Meereshöhe und in der Handbreiten-Nähe zu tiefen Schluchten erkennt auch der letzte Roadster-Ignorant, welche Sinne im offenen Automobil noch angesprochen werden. Sobald sich der Magen des Beifahrers meldet und die querdynamischen Grenzerfahrungen des im Mittelohr befindlichen Sinnesorgans verdaut hat, schaltet man das optionale und empfehlenswerte Sportfahrwerk in die softe Stufe, überlässt dem Getriebe außerhalb des Sport-Modus die Schaltstrategie und atmet tief die frische Luft ein.

Neben der Erfahrung wie auf der Route durch die Seealpen die frische Bergluft, auf der Etappe zum Mittelmeer, immer salzhaltiger wird, empfiehlt sich der Genuß auch einmal den perfekt umgesetzten Spagat zwischen Erlebnis-Roadster und Sportwagen unterhalb aller querdynamischen Erlebniswelten zu genießen.

Der neue Boxster kann beides. Ernsthaft sportlich. Ausgeprägt Tourentauglich.

 

 

 

 

Autor: Bjoern Habegger | mein-auto-blog.de | April 2012