Der Jaguar-Offizielle mahnte freundlich aber bestimmt: „Lassen Sie nach Möglichkeit bitte die Auspuffklappen beim Passieren der Ortschaft zu – wir wollen es uns schließlich nicht mit den Anwohnern verderben!“ Als sportliche, aber nach wie vor vornehme britische Marke wollte Jaguar eine allzu aufdringliche Klangkulisse der V6- und V8-Meute natürlich tunlichst vermeiden.
‚Selbstredend‘ lautete dann auch der Tenor der anwesenden Blogger- und Journalisten-Schar, man hat ja schließlich eine Erziehung genossen. Exakt zwei Minuten später vergaßen die ersten bereits die vormals in höchsten Tönen gelobte Kinderstube. Zu unserer Ehrenrettung muss gesagt werden: der Jaguar F-Type spuckt im Allgemeinen – unabhängig von der jeweiligen Motorisierung – einfach große Töne und unser V6 im Speziellen röhrt einfach so unglaublich ordinär, dass es eine wahre Freude ist. Obgleich es in der Jaguar-Zielgruppe sicherlich den einen oder anderen geben wird, dem der Sound zu laut, zu grob, einfach zu wenig Understatement sein wird.
Wenig Understatement auch in puncto Fahrdynamik. Unser Jaguar F-Type V6 mit 380 aufgeladenen PS ist schnell, sehr schnell (Jaguar gibt für den Standard-Sprint von null auf hundert Sachen kurze 4,9 Sekunden und für die Höchstgeschwindigkeit einen Wert von 275 km/h an) und für sein Gewicht von über 1,6 Tonnen tatsächlich extrem agil. Untersteuern ist bei dem mit einem mechanischen Sperrdifferenzial ausgerüsteten Hecktriebler kein Thema. In engen Kurven will der Gasfuß allerdings feinfühlig dosiert werden, damit das Heck nicht auskeilt. Erfahrene Sportfahrer werden die leichte, aber eindeutige Tendenz zum Übersteuern natürlich begrüßen.
Genauso vermutlich wie die angenehm tiefe Sitzposition und das sportive Flair im Cockpit des britischen Zweisitzers. „Was heißt hier Zweisitzer“ höre ich den Jaguar-Offiziellen schon fragen, schließlich sprechen die Briten von einem „1+1“-Sportwagen: das asymmetrische Cockpit ist auf den Fahrer und dessen Interaktion mit den elektronischen und mechanischen Komponenten konzentriert. Gleichzeitig herrscht eine klare Trennung zwischen Fahrer- und Beifahrerraum – visuell verdeutlicht durch den vom oberen Rand der Mittelkonsole herunterziehenden Griff, an dem allzu ängstliche Beifahrer Halt finden können. Einzig das unten abgeflachte Sportlenkrad lässt etwas an Exklusivität vermissen und kommt mit einem unschönen Plastiküberschuss daher.
Ein tolles Gimmick für die Generation Playstation und ambitionierte Gentleman-Driver: das konfigurierbare Dynamik-Programm für die F-Type S-Modelle. Je nach Gusto kann der Fahrer dynamische Parameter verändern und eine Stoppuhr oder Anzeige der G-Kräfte erscheinen lassen.
Im F-Type organisiert ein Achtstufen-Quickshift-Automatikgetriebe die einzelnen Gänge, die optional über Schaltwippen sortiert werden können. Gemäß des fahrdynamisch ambitionierten Anspruchs wird der jeweilige Gang höher ausgedreht und entsprechend später in die nächste Stufe gewechselt, wenn der F-Type schneller unterwegs ist. Beim Herunterschalten führt das System automatisch ein kurzes Zwischengasmanöver aus, um die Drehzahl optimal anzugleichen. Diese Funktion gestattet auch ein relativ schnelles und mehrfaches Herunterschalten während starker Bremsmanöver.
Anhand etwaiger schneller Wechsel der Drosselklappenstellung will der Automat erkennen, wenn der Fahrer eine Reihe von zügigen Überholmanövern ausführt. Anstatt hochzuschalten, behält der Automat dann in Vorbereitung auf ein mögliches weiteres Beschleunigen zunächst einen niedrigeren Gang bei. Das klappt mal gut, mal weniger gut, schließlich sich sportliche Fahrmanöver nicht immer 100%-ig vorhersehbar. Hier bedarf es also noch eines gewissen Feinschliffs.
Im Laufe des Tages konnte der eine oder andere Ort im Süden Deutschlands durchquert werden. Und anders als erwartet war der F-Type in jedem Ort gern gesehener Gast. Sowohl Optik als auch Sound fanden im wahrsten Wortsinn viel Anklang bei den meisten Anwohnern. Denn natürlich blieben die Klappen auf. Selbstredend.
[Fotos: Jan Gleitsmann/Auto-Geil.de – vielen Dank!]