Die Reaktionen der Webcommunity waren, sagen wir „geteilt“. Während einige vermeintlich ewig-gestrige Rallye-Fans Audi Frevel vorwarfen, erfreuten sich pragmatischere Zeitgenossen einfach über ein höchst interessantes, weiteres Sportgerät aus dem schönen Ingolstadt. Zugegeben: optisch und technisch hat der soeben vorgestellte Audi S1 Zweinull wenig mit seinem legendären Vorgänger aus seeligen Gruppe B-Zeiten gemein. Da bleibt der gemeine Rallye-Freak empfindlich – auch nach vier Jahrzehnten.
Zumindest theoretisch hätten die Ingolstädter einen Fünfzylinder-Turbo in petto gehabt und damit motorisch auf dasselbe Konzept setzen können. Der hatte nach Ansicht der technologiebegeisterten Audi-Entwickler aber offensichtlich seinen Zenit zu deutlich überschritten. Und die EU guckt/haut natürlich auch Audi ordentlich auf die Finger. Zum Einsatz kommt deshalb ein vermutlich deutlich effizienterer Vierzylinder-Turbomotor – was zu erwarten war. Das Zwoliter-Aggregat leistet aber durchaus respektable 231 PS und bis zu 370 Nm Drehmoment.
Beim Antriebskonzept wollten sich die Audi-Mannen (und -Frauen) aber nicht mit Kompromissen begnügen. Der neue S1 bleibt ein quattro. Gut so! – Auch wenn die Stammtisch-Szene somit auch wieder was zu meckern hat. „Was soll ein Kleinwagen nur mit Allradantrieb?“ höre ich sie wettern. „Vielleicht um etwas zügiger Brötchen holen als mit deinem 3-Tonnen-SUV“ möchte man ihnen zurufen. Denn zumindest auf der Fahrt zum örtlichen Bäcker dürfte der Audi S1 die eine oder andere Pole Position herausfahren, beschleunigt das Teil doch laut Werksangaben in 5,8 Sekunden von null auf hundert Sachen. Die Höchstgeschwindigkeit soll sich bei 250 km/h einpendeln, der Verbrauch bei sehr theoretischen 7,0 bis 7,1 Litern liegen. Hört sich alles nicht sooo schlecht an!
Herzstück des quattro-Antriebs ist eine an der Hinterachse platzierte hydraulische Lamellenkupplung. Ihre eigens abgestimmte Regel-Software ist laut Audi „betont dynamisch ausgelegt“. Die elektronische Quersperre mit der weiterentwickelten radselektiven Momentensteuerung ist zweistufig abschaltbar und ergänzt die Arbeit der Lamellenkupplung mit zusätzlichen, nicht unbedingt schneller machenden Bremseingriffen an den kurveninneren Rädern.
Das Fahrwerk der beiden Versionen (Drei- und Fünftürer „Sportback“) ist aufwendig überarbeitet. Die elektromechanische Servolenkung ist eine Neuentwicklung. Modifizierte Schwenklager an der Vorderachse sollen das Einlenkverhalten schärfer machen. Im Heck ersetzt eine Vierlenker-Konstruktion die Verbundlenker-Hinterachse der A1-Modelle. Das Setup ist sportlich-straff; das Fahrdynamiksystem Audi drive select erlaubt es, die Arbeitsweise des Motors, der Klimaautomatik und der ebenfalls serienmäßigen schaltbaren Stoßdämpfer in mehreren Stufen zu variieren.
Ein vergrößerter Hauptbremszylinder sowie großzügig dimensionierte Scheibenbremsen – vorne mit 310 Millimeter Durchmesser – sorgen für eine eine verbesserte Verzögerung im Vergleich zu den schwächeren A1-Brüdern. Auf Wunsch können an der Vorderachse rote Bremssättel mit S1-Logo bestellt werden. Ab Werk fahren die beiden sportlichen Kompaktmodelle auf 17 Zoll-Rädern mit Reifen im Format 215/40 R17, optional montiert Audi 18 Zoll-Räder mit Reifen der Dimension 225/35 R18.
Viele Details – vor allem am Front- und Heckstoßfänger, an den Seitenschwellern und an der Abgasanlage – sind markanter gestaltet. Vier neue Außenfarben ergänzen das Angebot. Das optionale Optikpaket quattro Exterieur schärft den Look weiter, unter anderem mit einem großen Dachflügel. Das Interieur ist wie bei Audi üblich wieder pikobello und in dunklen Tönen gehalten; schwarz dominiert, auch an den Manschetten der Luftausströmer. Die Instrumente haben S-spezifische dunkelgraue Skalen, die Pedalkappen bestehen aus gebürstetem Edelstahl. Alternativ zu den serienmäßigen Sportsitzen montiert Audi die S-Sportsitze mit den integrierten Kopfstützen. Auf Wunsch setzt das Optikpaket quattro Interieur auffällige Farbakzente.
Der Audi S1 und der S1 Sportback, die im 2. Quartal 2014 zu den Händlern in Deutschland kommen, kosten 29.950 Euro beziehungsweise 30.800 Euro. Ich höre ihn wieder, den Stammtisch…
[Bilder: Audi]