Kommentar: Schießt Hyundai bald treffsicher aus der Hüfte?

Von Wolfram Riedel

Geschichte wiederholt sich nicht, jedenfalls nicht in allen Details. Nichts geht „immer so weiter“. Das zu verinnerlichen, mag demjenigen schwerfallen, der es gewöhnt ist, den Ton anzugeben; etwa als Automobilhersteller.
Wolfram RiedelMan erinnert sich: Vor Jahren war ab und zu die Rede davon, dass die Strategen des südkoreanischen Automobilbaus, Mutter Hyundai und Tochter Kia, Großes vorhätten, nämlich an die Spitze der internationalen Automobilhersteller zu drängen. Weil der Auftritt früherer Pkw-Jahrgänge mit einem der beiden Markenzeichen solch hehrem Anspruch aber offensichtlich hinterherhinkte, verlor sich die Botschaft im Gestrüpp anderer Tagesnachrichten wieder. Jetzt ist das Thema vom US-amerikanischen Autoexperten Ron Harbour wieder aufgegriffen worden. Wie die „Wirtschaftwoche“ vermeldet, sieht der aktuelle Harbour-Report, dass es in fünf Jahren „Hyundai, Toyota und Volkswagen“ sein werden, die um Platz ein kämpfen. Harbour, zu den weltweit bekanntesten Fachleuten der Branche zählend, befasst sich mit der Produktionseffizienz der Autobauer.

Hyundai! Der Konzern fuhr im vierten Quartal letzten Jahres einen Rekordgewinn ein. Vor allem die Konzentration auf Kleinwagen habe sich ausgezahlt, hieß es. Die jüngste „Wirtschaftswoche“ verweist darauf, dass sich der südkoreanische Autobauer innerhalb eines Jahrzehnts von Platz 15 der Weltrangliste auf Platz 5 vorgekämpft habe. Hyundai, einstige Billigmarke, wachse in den USA mit am schnellsten. Seit 2008 habe sich ihr Markanteil von 3,0 auf 4,6 Prozent vergrößert.1999, als Toyota bereits 4,3 Millionen und Volkswagen 4,5 Millionen Pkws baute, brachten es Hyundai und Kia zusammen gerade mal auf eine Million Pkws. Doch 2009 waren es schon 4,2 Millionen. Und diesen deutlichen Sprung weiter nach vorn begleiteten erstaunliche Fortschritte bei der Qualität und beim Design der Modelle, was Testberichte neueren Datums respektvoll hervorheben.

Es kann kein Fehler sein, Hyundai „auf dem Zettel zu haben“, wenn Automobilhersteller eigene Weichenstellungen für morgen und übermorgen überdenken, um sich für künftiges Kräftemessen auch mit Hyundai und Kia fit zu machen, jener zwei südkoreanischen Marken, deren längeres Zielen auf weltweiten Erfolg die Branche gelassen hinnahm, weil ihnen eher nicht zugetraut wurde, wirklich ins Schwarze zu treffen. Doch genau das gelingt immer besser. Um im Bild zu bleiben: Mittlerweile scheint Hyundai fähig zu sein, zielsicher auch aus der Hüfte zu schießen. Immer öfter werden aus neuen Modellen Treffer.

Ein Achtungszeichen für die Branche. Ein anderes steht hinter einer Frage: Wie geht es weiter mit China, in China? – Ist wirklich ausgeschlossen, dass das wirtschaftlich boomende Riesenland, längst wesentliche Stütze der Weltkonjunktur, eines Tages Sorge aufkommen lässt? – Ob der chinesische Absatzmarkt bröckelt oder weiter wächst, liegt ohnehin nicht in der Macht der Automobilhersteller, auch nicht der deutschen, die bekanntlich ganz maßgeblich von Chinas automobilem Nachholbedarf profitieren. Im Hochgefühl einer ebenso starken wie erfolgreichen Präsenz auf dem chinesischen Markt könnte übersehen werden, dass in der Volksrepublik marktwirtschaftliche Spielregeln dort ihre Grenzen finden, wo der Führungsanspruch der KPCh in Gefahr zu geraten droht.

Internationale Automobilmarken sind sicher gut beraten, nicht allein auf die China-Karte zu setzen. Richtig ist, dass exportierende und – wichtiger noch – vor Ort investierende Automobilmarken Indien mit seinem gleichermaßen drängenden automobilen Nachholbedarf, aber einer berechenbareren gesellschaftspolitischen Struktur zunehmend Aufmerksamkeit schenken. Prognosen zufolge werde sich der Autoabsatz in Indien bis 2015 verdoppeln, möglicherweise sogar verdreifachen. Schon im vergangenen Jahr wurden 1,4 Millionen Pkws neu zugelassen.

Zudem ist Indien offensichtlich dabei, sich zu einem internationalen Zentrum der Automobilindustrie zu entwickeln, indem Fragen der Produktion, Forschung und Entwicklung besonderen Stellenwert bekommen. Dass Indien – wie auch China – am Ende den Export von Autos im Auge hat, ist kein Geheimnis mehr, seit Tata sogar seinen BiIligwagen nicht ausschließlich in Indien anbieten will.

Im Land selbst erleichtern Finanzierungsangebote den privaten Autokauf, der damit zumindest für große Teile der indischen Mittelschicht möglich wird. Immerhin sind 80 Prozent aller Neuwagen kreditfinanziert. Noch längere Zeit werden Kleinwagen in besonderer Gunst bei indischen Erstautokäufern stehen, die sich endlich von der windigen Beförderung ganzer Familien auf einem motorisierten Zweirad verabschieden wollen. Und so macht derzeit neben Tatas Indica, den Suzuki-Modellen Alto und Swift, ebenfalls bei Maruti gebaut, auch der Getz, Hyundais Kleiner, das Rennen.

Auf den Fersen ist den Umworbenen inzwischen allerdings andere preiswerte Kleinwagen-Konkurrenz. Mit dem Dacia Logan geht Renault in die Offensive, General Motors schickt Chevrolets Kleinwagen Spark an die Front. Volkswagen baut vor Ort unter anderem einen auf Polo-Basis entstandenen, aber mit längerem Radstand startenden neuen Vento. Zu Jahresbeginn war auf der Auto Expo in Neu Delhi mit der Präsentation des Skoda Yeti unterstrichen worden, dass der VW-Konzerntochter eine besondere Rolle auf dem indischen Subkontinent zugedacht ist. Auch BMW und Mercedes sicherten sich mit dem Bau eigener Produktionsstätten gute Ausgangspositionen für den Wettbewerb auf dem dortigen Markt.

Längst verinnerlichten traditionelle Automobilhersteller, auf neue Absatzmärkte angewiesen, dass die Nase vorn hat, wer vor Ort Autos baut. So gesehen müssen unsere exportorientierten, geradezu exportabhängigen deutschen Automobilhersteller Produktions- und Absatzchancen nutzen, die sich auch in anderen autohungrigen Regionen Südostasiens bieten, etwa in Kambodscha, Thailand, auch im sozialistischen Vietnam. Sicher ist China außerordentlich wichtig, aber eben nicht alles, wie ein Blick nach Indien zeigt. Noch behauptet dort die Maruti Suzuki India Ltd. die Markführerschaft. Gleich dahinter aber hat sich ein Unternehmen aufgestellt, das weltweit hoch hinaus will: Hyundai. Die Nachricht verdient ein Ausrufezeichen.

[Quelle: Wolfram Riedel, Auto-Reporter.net]

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